Die Ermittlungen von Russland zum Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny haben nach Überzeugung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) mangelhaft. Das Gericht in Straßburg bemängelte, dass weder ein politisches Motiv für den Giftanschlag noch eine mögliche Beteiligung von staatlichen Agenten berücksichtigt wurden.

Nawalny sei in seinem Recht auf Leben, abgeleitet aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, verletzt worden. Das Leben des Oppositionspolitikers sei „ernsthaft und unmittelbar“ und „unter verdächtigen Umständen“ in Gefahr gewesen, heiß es in der Begründung des EGMR. Daher sei Russland zu „wirklichen Ermittlungenverpflichtet gewesen. Das Gericht fügte zudem noch dazu: „Im russischen Rechtssystem können Vorermittlungen nicht zur Bestrafung der Verantwortlichen führen.“ Der legale Rahmen sei nicht angemessen gewesen. Weil das Gericht keine Unterlagen zu den Ermittlungen bekommen habe, sei es nicht in der Lage gewesen, diese zu prüfen. Zudem habe Nawalny nicht den Status eines Opfers erhalten und sich deswegen nicht an den Ermittlungen beteiligen können.

So hat die EGMR nun 40.000 Euro Schadenersatz an Russland verhängt. Das hat aber nur einen symbolischen Charakter. Russlands Staatschef Wladimir Putin hatte vorher schon angekündigt, dass man die Urteile vom EGMR nicht mehr anerkennen werde.

Im Sommer 2020 wurde Alexej Nawalny bei eine Reise in Sibirien mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet. Er überlebte nur knapp. Er wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst hinter der Vergiftung zu stecken. Der FSB aber bestreitet dies. Nach einer Behandlung in Deutschland kehrte er trotz drohender Verhaftung nach Russland zurück.

Quelle: SPIEGEL.de