Die EU-Kommission verklagt wieder Polen wegen seiner umstrittenen Justizreform vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Man sehe die Unabhängigkeit der polnischen Richter in Gefahr, so die Begründung von EU-Justizkommissar Didier Reynders am Mittwoch (31.03.).

Aus Sicht der Kommission gibt es zwei Knackpunkte: Zu einem untergrabe das „Gesetz zur Disziplinierung von Richtern“ die Unabhängigkeit polnischer Richter und stimme nicht mit dem Vorrang von EU-Recht überein. Zum anderen dürfe die Disziplinarkammer des obersten polnischen Gerichtshofs nicht weiter tätig sein, da sie möglicherweise nicht unabhängig sei.

Das Gesetz in Polen ist seit Februar 2020 in Kraft. Es sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, einer Kammer oder eines Gerichts infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen. EU-Kommissionsvize Vera Jourova hatte vorher schon gewarnt, dass dieses Gesetz „unter anderem zur politischen Kontrolle des Inhalts von Gerichtsentscheidungen verwendet werden“ könnte. Außerdem geht es um die 2018 gegründete Disziplinarkammer, was einer der Schlüsselmomente der polnischen Reformen ist.

Der EuGH hatte schon im April 2020 auf Antrag der EU-Kommission entschieden, dass die Kammer ihre Arbeit aussetzen muss. Alleine die Gefahr, dass eine möglicherweise nicht ausreichend unabhängige Kammer Disziplinarverfahren gegen Richter prüfe, könne die Unabhängigkeit der betroffenen Richter beeinträchtigen.

Brüssel kritisiert jedoch, dass die Kammer weiter Entscheidung treffe, die sich direkt auf die Berufsausübung der Richter auswirken könne, wie zum Beispiel auf ihre Immunität. Der EuGH soll nun vorläufig entscheiden, dass solche Befugnisse der Disziplinarkammer ausgesetzt werden. Auch soll die Wirkung bereit getroffener Entscheidungen mit Blick auf die Immunität aufgehoben werden.

Quelle: zdf.de