Nach der Androhung von CDU/CSU im Bundesrat die Abstimmung zum neuen Bürgergeld abzulehnen, gab es Kritik an dieser Aktion. Der Kölner Armutsforscher Christophe Butterwegge führt diese Aktion von CDU/CSU auf einen wachsenden „Sozialneid nach unten“ zurück. Dem ZDF sagte er: „Man würde erwarten, dass Mittelschichtangehörige in der momentanen Krisensituation sagen: Wir müssen die Reichen höher besteuern, denn sie werden selbst in der Inflation noch reicher, weil ihnen zum Beispiel teure Kunstwerke, wertbeständige Edelmetalle und Luxusimmobilien gehören.“
Diese Stimmung werde von CDU-Politikern wie dem Vorsitzenden Friedrich Merz und Vertretern von Arbeitsverbänden aufgegriffen. „Man suggeriert, dass nach der Einführung des im Vergleich zu Hartz IV nur wenig höheren Bürgergeldes kaum noch jemand arbeiten wolle und es sich viele Geringverdiener lieber in der Hängematte des Sozialstaates bequem machen würden“, sagte Butterwegge. „Das ist typischer Sozialneid nach unten und widerspricht der Realität. Denn fast eine Million der Hartz-IV-Bezieher gehen arbeiten, obwohl sie von ihrem Lohn nicht leben können.“
Psychologisch ermögliche es der Blick nach unten, sich von den Einkommensschwächeren abzugrenzen. „Man bestätigt sich auf diese Weise, dass man zu den Leistungsträgern gehört und keiner von den vermeintlichen Sozialschmarotzern ist, die mit der Bierflasche auf ihrem Sofa sitzen.“ Weiter sagte Butterwegge, der 2017 der Bundespräsidentschaftskandidat der Linken war: „So vertreibt man die Angst, persönlich vom sozialen Abstieg erfasst zu werden. Denn schließlich ist man selbst ja fleißig und kein Drückeberger oder Faulenzer.“ Es wird dabei ausgeblendet, dass man gerade in der aktuellen Krisensituation unverschuldet in eine soziale Notlage geraten könne.
Auch der Kinderschutzbund fordert CDU/CSU auf, ihre Blockadehaltung bei der geplanten Bürgergeldreform aufzugeben. Zusammengedacht seien Mindestlohn, Bürgergeld und Kindergrundsicherung ein System, „das sowohl den Menschen im unteren Einkommensbereich als auch Erwerbslosen Würde gibt„, sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers dem Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).
Hilgers betonte, mit dem Dreiklang aus Mindestlohn, Kindergrundsicherung und Bürgergeld würden Familien vor Armut geschützt. „Gemeinsam mit einem Mindestlohn von 12 Euro verhindert eine gut ausgestaltete Kindergrundsicherung bei Geringverdienern den Absturz in die Familienarmut“, betonte er.
Offen ist derzeit, ob die Bundesregierung das Bürgergeld wie geplant durchbringen kann. Sie ist im Bundesrat auf Stimmen von CDU-geführten Bundesländern angewiesen. Das Bürgergeld soll die bisherige Grundsicherung Hartz-IV ablösen.
Quelle: ZDFheute