Als Ausdruck ihrer Kritik an Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum Thema Migration haben sich Tausende Menschen vor der Parteizentrale der CDU in Berlin versammelt. Zu der Protestveranstaltung unter dem Motto „Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter“ hatte das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ aufgerufen. Nach Angaben der Berliner Polizei haben rund 2.000 Menschen teilgenommen. Die Veranstalter selbst sprachen von 7.500 Teilnehmern.

Letzte Woche sagte Merz, dass die Bundesregierung frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen„, sagte Merz. Am Montag (20.10.) wies der Kanzler die Kritik an seinen Einlassungen zurück. „Ich habe gar nichts zurückzunehmen„, sagte Merz. Weiter sagte er, dass, wer seine Töchter frage, vermutlich „eine ziemlich klare und deutliche Antwort“ darauf bekommen werde, was er mit seinen Äußerungen gemeint haben könnte.

Nach seinem Amtsantritt bei der Landesregierung von Baden-Württemberg äußerte sich der Kanzler erneut. Auf eine entsprechende Frage antwortete Merz: „Wenn Sie mir das nachsehen, dieses Thema hat heute keine Rolle gespielt, und es wird auch im weiteren Verlauf des Tages keine Rolle spielen.“ Wer er „mit diesem Wort“ gemeint habe, sei „in der letzten Woche in Potsdam so gesagt, gestern noch mal wiederholt in einer Pressekonferenz – ist deutlich geklärt worden„.

Die Klimaaktivistin und Autorin Lisa Neubauer sagte bei der Demo in Berlin, sie sei „es gewohnt, das ökologische Klima vor Friedrich Merz in Sicherheit zu bringen, und ich werde auch das gesellschaftliche Klima vor Friedrich Merz in Sicherheit bringen.“ Neubauer warf dem CDU-Vorsitzenden vor, „die nichts anderes sind als inakzeptabel, diskriminierend und umfassend rassistisch„. Vorher schrieb sie auf Social Media: „Wir sind plusminus 40 Millionen Töchter in diesem Land. Wir haben ein aufrichtiges Interesse daran, dass man sich mit unserer Sicherheit beschäftigt. Worauf wir gar keinen Bock haben, ist, als Vorwand oder Rechtfertigung missbraucht zu werden für Aussagen, die unterm Strich einfach diskriminierend, rassistisch und umfassend verletzend waren.“ Neben Neubauer sprachen auch die Publizistin Carolin Emcke, Hibba Kauser, Mitglied im Bundesvorstand der Jusos, und die ehemalige Co-Chefin der Grünen, Ricarda Lang.

Katharina Dröge, die Fraktionschefin der Grünen, nahm auch an der Demo teil und sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass Merz die Gesellschaft mit seiner Äußerung gespalten habe: „Ich hätte von Friedrich Merz erwartet, dass er sich für seine Aussage entschuldigt. Wenn er sagt, dass Migration im Stadtbild stört, dann beleidigt er Millionen von Menschen in Deutschland, die eine Migrationsgeschichte haben und die sich alle gemeint gefühlt haben.“ Der Kanzler solle stattdessen „zusammenführen, Brücken bauen und allen Menschen in diesem Land sagen: ‚Ihr gehört dazu‘„.

Aber die Kritik am Stil von Merz kommt auch aus der eigenen Partei. Der Chef des Sozialflügels der CDU, Dennis Radtke, forderte einen anderen Stil von Merz. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Radtke: „Natürlich haben wir an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild, aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, ist zu kurz gesprungen, erweckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.

Quelle: ARD