Wegen der angespannten finanziellen Lage in den Sozialversicherungen fordert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm Leistungskürzungen. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte sie: „Wir brauchen in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung mehr Ehrlichkeit darüber, welche Leistungen wir uns wirklich leisten können und welche nicht.

Weiter sagte sie: „Wenn man den Menschen Versprechungen macht, die man am Ende nicht halten kann, dann sorgen sie nicht privat vor, obwohl viele es könnten.“ Sie nannte als Beispiel die sogenannte Haltelinie bei der Rente. Die Regierung will bis zum Jahr 2031 das Rentenniveau von derzeit 48 Prozent des Durchschnittseinkommens festschreiben. „Auf Dauer wird das nicht finanzierbar sein. In der Pflege sieht es nicht anders aus„, sagte Grimm.

Einer unter anderem von den Kommunen geforderten Vollversicherung in der Pflege erteilte die Wirtschaftsweise eine Absage. Wer in der Lage sei, Pflegeleistungen selbst zu finanzieren, der müsse das auch tun. „Sonst können wir das System nicht auf Dauer finanzieren. Das heißt auch, dass wir mitunter Leistungen werden kürzen müssen.“ Die steigenden Lohnnebenkosten müssten zudem im Blick behandelt werden: „Arbeit wird durch die hohen Lohnnebenkosten zu teuer und unattraktiv„, sagte Grimm. Schon jetzt lägen die Lohnnebenkosten bei 42 Prozent und könnten bis zum Ende der Legislaturperiode auf 45 Prozent steigen.

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet aktuell an Vorschlägen für eine Reform der Pflegeversicherung. Hintergrund sind die erheblichen Defizite der Pflegekassen. Neben der Haltelinie hat die Bundesregierung auch eine Ausweitung der Mütterrente auf den Weg gebracht. Damit fallen die Renten etwa höher aus als ohne die Reform. Zudem bekommen Eltern von vor 1992 geborenen Kindern ab dem Jahr 2027 statt zweieinhalb nun drei Jahre Erziehungszeit bei der Rente angerechnet.

Auch wenn die Verbesserungen mit Steuergeld bezahlt werden, müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer laut dem Gesetzesentwurf auf höhere Kosten einstellen. Ab dem Jahr 2027 soll der Rentenbeitrag von heute 18,6 auf 18,8 Prozent steigen. Etwas mehr als erwartet.

Die Wirtschaftsweise Grimm hält sowohl die Ausweitung der Mütterrente als auch die Haltelinie für falsch. Beides „belastet den Bundeshaushalt und erhöht die Lohnnebenkosten„, sagte sie schon vor einigen Tagen gegenüber der „Rheinischen Post“. Sie sagte, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen hat.

Quelle: n-tv, AFP, dpa