Nach einem schweren Unwetter in Libyen wird das Ausmaß der Zerstörung langsam sichtbar. Laut dem Innenministerium einer der rivalisierenden Regierungen im Land wurden bei den Überschwemmungen etwa 5.200 Menschen getötet. Diese Zahlen sind jedoch noch nicht unabhängig bestätigt worden. Das Rote Kreuz meldet, dass etwa 10.000 Menschen als vermisst gelten.

Der Sturm mit dem Namen „Daniel“, der bereits in Griechenland großen Schaden angerichtet hatte, traf am Sonntag (10.09.) das nordafrikanische Land mit rund sieben Millionen Einwohnern. Besonders schlimm betroffen ist die Hafenstadt Derna. Auf Videos und Fotos in den sozialen Medien ist das katastrophale Ausmaß der Zerstörung zu sehen: Häuser sind zerstört, Autos stecken in schlammigen Straßen fest. Berichten zufolge führten starke Winde zum Umstürzen von Strommasten. Mitten in der Nacht brach ein Staudamm in der Nähe der Küstenstadt zusammen. Ein zweiter Damm konnte den Wassermassen nicht standhalten. Es wird berichtet, dass Sehenswürdigkeiten, Häuser und Menschen ins Meer gespült wurden, und ein Viertel der Stadt wurde schwer beschädigt.

In der Nähe von Derna wurden Hunderte von Opfern in Massengräbern beigesetzt. Zuerst wurden die identifizierten Toten begraben, aber aufgrund von Stromausfällen und begrenztem Platz wurden die anderen Toten fotografiert und später zur Identifizierung beerdigt. Es wird angenommen, dass ganze Familien unter den Opfern sind, die gemeinsam begraben wurden.

Die Regierung in der Hauptstadt Tripolis, unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba, nannte die Überschwemmungen die schlimmsten seit über 40 Jahren. Eine dreitägige Staatstrauer wurde ausgerufen. Die Katastrophe schien vorübergehend die Spaltung im Bürgerkriegsland zu überwinden, wie Helfer berichteten. Derzeit kämpfen zwei verfeindete Regierungen – eine im Osten und eine im Westen ansässig – um die Macht. Alle Versuche, den anhaltenden Bürgerkrieg friedlich beizulegen, sind bisher gescheitert. Ausländische Staaten haben den Konflikt weiter angeheizt. Die staatliche Ordnung im Land ist weitgehend zusammengebrochen, und es gibt zahlreiche Konfliktparteien, die um Einfluss ringen, seit der langjährige Machthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 gewaltsam gestürzt wurde.

Quelle: n-tv