Der Bundestag hat heute die Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit sogenanntem subsidiären Schutzstatus beschlossen. Davon wären etwa 380.000 Migranten in Deutschland betroffen. Damit können diese Migranten nicht mehr ihre Ehepartner, Kinder und sonstige Familienmitglieder nicht mehr nach Deutschland holen. Der Stopp soll ab Inkrafttreten für zwei Jahre gelten. Ausnahmen sind nur in Härtefällen vorgesehen. Unter den „subsidiären Schutz“ fallen häufig Bürgerkriegsflüchtlinge, viele davon aus Syrien.

Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung stimmten laut Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow 444 Abgeordnete. 135 Parlamentarier haben mit Nein gestimmt.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte vorher im Bundestag für die Aussetzung des Familiennachzugs geworben. Er sagte: „Wir setzen damit die migrationspolitische Überschrift für diese Legislaturperiode: Humanität und Ordnung.“ Das Gesetz werde zur Folge haben, dass künftig 12.000 Menschen pro Jahr weniger nach Deutschland kommen werden, sagte Dobrindt.

Damit solle eine Überforderung von Staat und Gesellschaft angesichts des Zuzugs vieler Migranten nach Deutschland vermieden werden, sagte der CSU-Minister. Die Belastbarkeit des deutschen Sozialsystems, des Bildungswesens, des Betreuungssystems und des Wohnungsmarktes habe Grenzen. „Deswegen muss auch der Zuzug nach Deutschland eine Grenze kennen, und die bilden wir politisch ab“, sagte Dobrindt.

Das Gesetz zielt außerdem darauf ab, ein „Geschäftsmodell krimineller Banden“ zu zerschlagen. Dieses Modell lautet: „Es muss nur einer es nach Deutschland schaffen, dann kann die ganze Familie nachziehen“, sagte der Innenminister. „Auf dieser Logik basieren kriminelle Geschäftsmodelle von Verbrechern, Schleppern, Banden. Dagegen treten wir heute an.“

Die Rede des Innenministers wurde von teils erregten Zwischenrufen der Opposition begleitet. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erteilte dem Linken-Abgeordneten Luigi Pantisano einen Ordnungsruf, weil dieser Dobrindt mit Zwischenrufen der „Lüge“ bezichtigt. Clara Bünger, die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagte, dass die Koalition eine „menschenfeindliche Abschreckungspolitik“ betreibe. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Marcel Emmerich, sagt, dass die Absetzung des Familiennachzugs „unbarmherzig“ sei. Ohne ihre Familien fehlen Geflüchtete oft der emotionale Rückhalt, der für eine erfolgreiche Integration notwendig sei. Alexander Thorm (CDU), der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, konterte die Kritik von Grünen und Linken mit dem Satz, dass es schließlich „um Zugang zu Personen, die ursprünglich illegal nach Deutschland gekommen sind“ geht.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), sagte, dass man endlich davon wegkommen müsse, von der „Negativdebatte“ über Migration. Schließlich biete diese auch Chancen für die deutsche Gesellschaft. Sebastian Fiedler, der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, räumte ein, dass die Aussetzung des Familiennachzugs „ein Thema“ sei, „das sich die SPD so nicht ausgedacht hätte“.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verwies darauf, dass einige der Betroffenen schon seit Jahren auf eine Einreise ihrer Angehörigen warteten. Man kündigte an, dass man rechtliche Schritte prüfen werde, „wenn nötig, die Betroffenen darin zu unterstützen, gegen Rechtsverletzungen zu klagen.“

Quelle: ZDF