Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert mit dem Blick auf eine Beilegung des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für offene Debatten. Bei einer Veranstaltung im Rahmen der Leipziger Buchmesse sagte sie in einem Gespräch mit dem Journalisten Giovanni di Lorenzo: „Mir wäre wichtig, oder so habe ich es immer versucht, dass wir unsere Gedanken nicht zu sehr verengen.“
Wenn jemand wie der ehemalige Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sagt, dass man auch darüber nachdenken müsse, dass irgendwann auch verhandelt werden müsse, dann müsse man „ihn nicht gleich niederzischen“. Das seien nicht immer alles Leute, die Wladimir Putin „nach dem Mund reden“, sagte Merkel mit Blick auf den Kremlchef.
Bei dem Gespräch mit dem Chefredakteur der Zeitung „Zeit“ blickte Merkel auch auf kontroverse Entscheidungen zurück, die sie während ihrer Kanzlerschaft von 2005 bis 2021 getroffen hatte. Auf die Frage von di Lorenzo, ob ihre Politik etwas mit den Wahlergebnissen der AfD zu tun haben könnte, lehnte Merkel eine Mitverantwortung für hohe Zustimmungswerte vor allem in Ostdeutschland ab. Die 68-Jährige sagte: „Ich habe politische Situationen zu bewältigen gehabt, die zu einer Spaltung der Meinungen in Deutschland geführt haben.“ Sie habe aber kein Verständnis für Menschen, die demokratische Prinzipien verletzen. Sie konzentriere sich auf Menschen, die die demokratischen Werte teilen. Die anderen müsse man wieder zurückholen.
Dass sie 2017 nochmal antrat und das nach der Entscheidung zu Flüchtlingen im Jahr 2015, habe auch den Grund gehabt, dass sie sich gesagt habe: „Ich haue nicht ab nach dieser Entscheidung.“
Mit Blick auf den Klimaschutz räumte die Alt-Kanzlerin Versäumnisse ein. Ereignisse wie die Finanz- und Flüchtlingskrise hätten sie daran gehindert, anderen Themen mehr Kraft zu geben. Ihre Russland-Politik und die energiepolitischen Entscheidungen, die Deutschland in eine starke Abhängigkeit von russischem Gas getrieben hatte, verteidigte Merkel rückblickend. Sie sagte: „Ich hätte lieber Gas importiert aus Großbritannien und Norwegen, wie wir das früher gemacht haben, und den Niederlanden.“ „Die standen aber nicht mehr zur Verfügung. Für uns stand die Frage: Teureres LNG – ein Drittel teurer – oder billigeres russisches Gas“, erklärte Merkel weiter.
Sie sträubte sich gegen die Frage di Lorenzos, warum es ihr nicht liege, im Rückblick Fehler zuzugeben. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es eine befriedende Funktion hat, wenn ich jetzt etwas, was ich nicht denke, einfach sage, nur damit ich jetzt einen Fehler zugebe“, sagte Merkel.
Quelle: ZDFheute.de