Am 80. Tag des Ukraine-Kriegs hat es keine grundlegenden Veränderungen bei den Kämpfen gegeben. Es gab aber eine Reihe von Entwicklungen, die Russland dazu bewegen könnten, seine territorialen Ambitionen zurückzuschrauben.

Im Südwesten setzt die russische Armee die Raketenangriffe auf Odessa fort, die die Infrastruktur vor Ort bereits schon schwere Schäden zugefügt haben. Die Bodenkämpfe haben zwischen dem besetzten Cherson und Mykolaiv weitgehend zum Erliegen gekommen. Keine der beiden Seiten konnte wesentliche Fortschritte erzielen.

Zu Wasser gelang es der ukrainischen Armee, die russischen Streitkräfte, die die Schlangeninsel besetzen, schwere Schäden zuzufügen. Ukrainische Drohnen haben erst die russische Luftabwehr auf der Insel zerstört. Danach haben Su-25-Kampfjets die Gebäude angegriffen. Bei den Drohnenangriffen wurden auch zwei russischeRaptor“- Patrouillenboote und ein Landungsschiff der „Serna“-Klasse ausgeschaltet, das ein neues Luftabwehrsystem lieferte.

Im Osten der Ukraine ist es den Alliierten gelungen, einen russischen Versuch zu stoppen, den Fluss Sewerskij Donez bei Bilohoriwka zu überqueren. Gezielte Artillerieeinschläge haben wiederholt die russischen Pontonbrücken und die überquerten Einheiten. Ausgehend von Fotobeweisen sind bei den Angriffen mehr als 70 russische gepanzerte Fahrzeuge wahrscheinlich zerstört worden oder haben aufgegeben.

Im Nordosten entwickelt sich der ukrainische Gegenangriff zu einer Gegenoffensive. Die russischen Kräfte konnten mindestens 20 bis 25 Kilometer weit von Charkiw zurückgedrängt werden. Damit ist Charkiw für die leichte und mittlere russische Artillerie schon außer Reichweite, so dass der Druck auf die Stadt nachgelassen hat.

Die ukrainische Gegenoffensive zielt wahrscheinlich darauf, dass man zunächst die russische Grenze zu erreichen und so die territoriale Kontrolle wiederherstellen zu können. Danach wird sie sich wahrscheinlich in Richtung Süden bewegen, um die russische Offensive in der Region Izyum anzugreifen.

Im Südosten der Ukraine gegen die Kämpfe im Azovtal-Werk in Mariupol weiter. Entgegen von früheren Berichten von ukrainischer Seite sind immer noch etwa einhundert Zivilisten zusammen mit mehreren hunderten von ukrainischen Soldaten im Bunkersystem eingeschlossen. Die Ukraine versucht nun einen Tausch zu arrangieren und bietet gefangene russische Soldaten im Austausch gegen die Verteidiger im Stahlwerk an. Die Fabrik selbst wurde in Schutt und Asche gelegt. Es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Besatzungsbehörden die Produktion dort in absehbarer Zeit wiederaufnehmen können. Die russischen Streitkräfte haben außerdem die Kontrolle über die Stadt Popsana erlangt. Sie stellt eine starke, befestigte ukrainische Stellung dar. Der Verlust von Popsana könnte einen weiteren russischen Vorstoß nach Westen möglich machen.

Sollten die russische Armee die nächste befestigte ukrainische Stellung bei Bakmut erreichen und damit dann die Straßen- und Eisenbahnverbindungen dorthin unterbrechen, würde diese die ukrainischen Verteidiger im Osten des Donbass weiter isolieren. Russland baut seine Gewinne nördlich von Popsana weiter aus.

Quelle: zdf.de