Das Bundesverteidigungsministerium gibt der afghanischen Armee die Schuld daran, dass die Taliban das Land überrannt haben und nach nur wenigen Wochen einnehmen konnten. Das berichtet das ZDF, was es aus einer Unterrichtung hervorging.
So heißt es in einem Papier des Bundesverteidigungsministeriums: „Der hauptsächliche Grund [ist] in den dynamischen Auflösungserscheinungen der afghanischen Sicherheitskräfte zu suchen.“ Die Lage in Afghanistan habe sich in den letzten Wochen sehr dynamisch und in einer nicht vorhersehbaren Geschwindigkeit verschlechtert, so das Fazit des Ministeriums.
Am Sonntag (15.08.) haben die radikaislamische Taliban die Hauptstadt Kabul eingenommen. Der Präsident des Landes, Ashraf Ghani, hat sich ins Ausland abgesetzt. Damit steht das Land wieder unter der Kontrolle der Taliban, trotz der rund 350.000 afghanischen Soldaten und Polizisten. Auch die Bundeswehr war 20 Jahre lang am Hindukusch im Einsatz. Die Politik muss sich nun die Frage gefallen lassen, ob die Mission, die rund 12 Millionen Euro gekostet hat, sich wirklich gelohnt haben.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) räumte gestern ein, dass man den Vormarsch der Taliban falsch eingeschätzt habe. Er sagte: „Wir alle – die Bundesliga, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft – wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“ Man habe damit nicht gerechnet, dass die afghanische Armee sich den Taliban nicht entgegenstellt.
Zuversichtlich schein das Verteidigungsministerium dagegen laut dem Bericht, dass die Ausreise der verbleibenden Ausländer trotz Taliban-Präsenz in der Stadt und am Flughafen stattfinden könne. Das Ministerium schrieb: „Mit der Abriegelung des Flughafens ermöglichen die Taliban den internationalen Kräften zunehmend einen geordneten Flugverkehr zur Evakuierung ihre Staatsangehörigen einzurichten.“
Mit Blick auf die afghanischen Ortskräfte ist das Verteidigungsministerium jedoch weniger optimistisch. Aus dem Papier heißt es: „Gleichzeitig wird jedoch durch die Abrieglung des Flughafens für [afghanische] Staatsbürger eine Evakuierung ehemaliger [afghanischer] Ortskräfte erschwert.“ Am Montag (16.08.) hatte die Bundesregierung noch davon gesprochen, dass man 10.000 Menschen, hauptsächlich Ortskräfte und ihre Familien, aus Kabul ausfliegen zu wollen.
Quelle: zdf.de