Nach der geplatzten Wahl von drei Richtern für das Bundesverfassungsgericht gestern (11.07.) setzt die CDU/CSU auf ein baldiges Einvernehmen mit der SPD. Thorsten Frei (CDU), der Kanzleramtsminister, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Ich bin sicher, dass die Koalitionsfraktionen über den Sommer eine tragfähige Lösung finden werden.“

In der SPD ist der Unmut über die gescheiterte Wahl weiter groß. Matthias Miersch, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag schrieb in einer persönlichen Erklärung: „Was wir heute aber auch erleben mussten, ist die bewusste Demontage unseres höchsten deutschen Gerichts und unserer demokratischen Institutionen. Das ist brandgefährlich.“ Miersch stellte klar: „Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht.“ Dirk Wiese, der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, zeigte sich verwundert, dass die Fraktion der CDU/CSU weder der ursprünglichen Empfehlung ihres Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) gefolgt sei noch der von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). „Da gibt es ein Autoritätsproblem“, schlussfolgerte Wiese.

Nach Berichten von „Bild“ und „Tagesspiegel“ schalteten sich gestern Abend Parteivorstand und Bundestagsfraktion der SPD zu einer Videokonferenz zusammen. Aus Teilnehmerkreisen soll es nach Angaben des „Tagesspiegel“ heißen, dass Frau Brosius-Gersdorf für ein offenes und klares Gespräch mit der Spitze von CDU/CSU bereitstehe. Die „Bild“ berichtete über einen Vorschlag von Miersch, dass sich die Professorin in der Unionsfraktion Fragen von Abgeordneten stellt. Die SPD rechnet den Angaben zufolge damit, dass die CDU/CSU das Gesprächsangebot annehmen wird.

Kritik an der Führung bei CDU/CSU kam vom ehemaligen Verfassungsrichter und CDU-Spitzenpolitiker Peter Müller. In der „Süddeutschen Zeitung“ sagte er: „So etwas darf nicht passieren.“ Er sagte, dass dies ein eklatantes Führungsversagen der Union gewesen sei. Müller war von 1999 bis 2011 Ministerpräsident des Saarlands und von 2011 bis 2023 Richter am Bundesverfassungsgericht. Dass es Vorbehalte gegen Personalvorschläge für Karlsruhe gebe, sei zwar „nichts Neues“, so Müller. „Nur: Bisher wurde das im Vorfeld geklärt.

Die Grünen sehen in diesen Vorgängen den Respekt vor dem obersten deutschen Gericht. Parteichefin Franziska Brantner kritisierte in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, das Vertrauen in das höchste Gericht werde „fahrlässig beschädigt.“ Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, sagte im ZDF, dass das Verfassungsgericht, die drei Kandidaten und auch das Parlament „massiven Schaden genommen“ hätten. Sie sagte, dass Unionsfraktionschef Jens Spahn dafür die Verantwortung trage.

Haßelmann bekräftigte die Forderung ihrer Fraktion, die Wahl für die kommende Woche schon anzusetzen, in einer Sondersitzung des Bundestags. Dazu könne jederzeit eingeladen werden. „Wir wollen doch keine Hängepartie über den ganzen Sommer.“ Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, gibt es in der SPD die Überlegung zu einer Bundestagssondersitzung im August.

Regulär wird der Bundestag wieder am 10. September tagen. Seit gestern ist der Bundestag in der parlamentarischen Sommerpause.

Quelle: ZDF, dpa