Die FDP ist wegen des Bekanntwerdens ihres „D-Day“-Papiers in einer Krise. Und dennoch soll FDP-Chef Christian Lindner Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im Februar bleiben. An seiner angeblichen Unwissenheit über das Dokument zum Ampel-Aus regen sich jedoch Zweifel. So sagte die Co-Chefin der Grünen, Franziska Brantner in der „Bild“: „Wer die FDP kennt, weiß, dass ohne Christian Lindner eigentlich nichts möglich ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Herr Lindner gar nichts davon wusste.“
Am vergangenen Donnerstag (28.11.) hatte die FDP das „D-Day“-Papier veröffentlicht, nachdem es in den Medien so ausführlich daraus zitiert worden war. Der Begriff „D-Day“ ist darin enthalten, genau wie der Begriff „offene Feldschlacht“ für Auseinandersetzung mit den ehemaligen Koalitionspartnern SPD und Grüne. Aus dem Papier geht hervor, dass die FDP noch während ihrer Zugehörigkeit in der Bundesregierung gezielt auf einen Bruch der Koalition hinarbeitete. Lindner erklärte, er habe das Papier „nicht zur Kenntnis genommen und hätte es auch nicht gebilligt“.
Grünenchefin Brantner kritisierte zudem das Vorhaben der FDP im Zusammenhang mit dem Ende der Ampelkoalition. Sie sagte: „Offensichtlich wurde in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der Koalition etwas ganz anderes gesagt, als man intern vorbereitet hat.“ Weiter sagte Brantner, dass sie sowas noch nie erlebt habe, was mit einer Kinderstube eigentlich nicht vereinbar ist.
Deutliche Kritik kommt von der ehemaligen Grünenchefin Ricarda Lang, aber ohne den Namen des FDP-Chefs direkt zu erwähnen. Bei ihr im Parteivorstand habe es eine Regel gegeben, schrieb sie. Weiter schrieb sie: „Wenn was schiefläuft, schiebt man nicht die Mitarbeiter vor. Und wenn Mitarbeiter angegriffen werden, stellt man sich davor.“ Der Beitrag kann als Anspielung auf die Rücktritte von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und dem Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann gewertet werden. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bezeichnete die beiden bereits als Bauernopfer.
Bei der FDP selbst gibt es auch Kritik am Bild der Partei, wie sie sich halt abgibt. Doch Lindners Name wird dabei nicht erwähnt. Der Vorsitzende der FDP in Niedersachsen, Konstantin Kuhle, sagte: „Das Ende der Koalition war angesichts der ausbleibenden Wirtschaftsreformen richtig — der interne und der öffentliche Umgang mit den Ereignissen war es nicht.“ Die letzten Tage haben das Bild der FDP als ernsthafte und verantwortungsbewusste politische Kraft beschädigt. Aus der Sicht des FDP-Chefs von Bremen, Thore Schäck, war das Aus der Ampel notwendig. Er sagte: „Der Umgang mit dem Austritt und die Kommunikation im Nachgang allerdings waren falsch, hier sollten gerade wir Freien Demokraten einen anderen Anspruch an uns selbst haben.“
Vorher hatte sich der Vizevorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, die Kommunikation um das Papier als „fehlerhaft, ja indiskutabel schlecht“ bezeichnet. Er hält aber das Strategiepapier „in den Details für ziemlich unpolitisch“.
Quelle: SPIEGEL