Der von den Finanzämtern erhobene Zinssatz von sechs Prozent jährlich bei verspäteter Steuerzahlung ist verfassungswidrig und realitätsfern. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Die Zinsen gibt es bei der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer. Sie werden dann fällig, wenn sich eine Steuernachzahlung oder –erstattung um mehr als 15 Monate verzögert hat. Im ersten Fall profitiert der Fiskus, im zweiten der Steuerzahler. Die Höhe liegt seit vielen Jahren unverändert bei sechs Prozent.
Der Zinssatz von sechs Prozent ist ab 2019 nicht mehr verwendbar. Das Bundesverfassungsgericht ordnete eine rückwirkende Korrektur an, die aber nur alle nicht bestandskräftigen Steuerbescheide für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 betrifft. Für die Jahre 2014 bis 2018 beließen die Richterinnen und Richter die beanstandete Vorschrift hingegen in Kraft. Bis zum Jahr 2013 waren die allgemeinen Zinsen auch schon in den Keller gegangen. Damals sei der starre Zinssatz aber „noch in einem rechten Verhältnis“ gewesen, heiß es.
In der Niedrigzinsphase nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 war eine viel kritisierte Schieflage entstanden. So sollten die Zinsen potentielle Gewinne ausgleichen, die in dieser Höhe am Kapitalmarkt derzeit gar nicht zu erzielen waren.
Da die Entscheidung der Richterinnen und Richter aus Karlsruhe auch die Erstattungen umfasst, werden nicht alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davon profitieren. Wer nachzahlen musste, dürfte einen Teil der Zinsen zurückbekommen. Wer aber vom Finanzamt zu viel gezahlte Steuer zurückbekommen hat, muss wohl möglicherweise die Verzinsung teilweise zurückzahlen müssen.
Wie hoch der Zinssatz sein darf, hat der Erste Senat des Gerichts noch festgelegt. Der Gesetzgeber hat nun bis zum 31. Juli 2022 Zeit eine Neuregelung zu treffen.
Quelle: Tagesschau.de