Das britische Unterhaus wurde am Dienstagabend kurz vor Mitternacht Ortszeit aufgelöst. Am 12. Dezember werden die Briten dann ein neues Parlament wählen. Premierminister Boris Johnson will mit den vorgezogenen Neuwahlen das Patt im Brexit-Streit auflösen. Ob ihm das gelingen wird, ist nicht klar. Obwohl die Konservativen in den Umfragen führen, ist nicht ausgeschlossen, dass es wieder nicht für die absolute Mehrheit reichen wird.
Mit der Auflösung des Parlaments ging auch der Wahlkampf offiziell los. Im Land gelten dafür strenge Auflagen für Parteispenden und Wahlwerbung. In seiner ersten Wahlkampfrede hatte Labour-Chef Jeremy Corbyn dem Premierminister schwere Vorwürfe gemacht. In Harlow, im Süden Englands, sagte er: „Bei dieser Wahl versucht Boris Johnson, den Brexit zu missbrauchen, um unser nationales Gesundheitssystem (NHS) und die Werktätigen dieses Landes zu verkaufen.“
Labour wirft den Konservativen vor, sie wollen bei einem Freihandelsabkommen mit den USA den NHS „verscherbeln“. Dadurch würden etwa Medikamente deutlich verteuert. Bei einem möglichen Wahlsieg seiner Partei will Corbyn einen eigenen Deal mit der Europäischen Union (EU) aushandeln und anschließend den Breiten diesen Deal zu einer Volksabstimmung vorlegen. Er sagte, dass es keine Wiederholung des Brexit-Referendums von 2016 sein wird. „Dieses Mal wird die Wahl sein, mit einem vernünftigen Abkommen die EU zu verlassen oder drinzubleiben“, sagte er.
Die Liberaldemokraten wollen für einen Verbleib in der EU kämpfen. Nach der Wahl wollen sie sich keiner Koalition beteiligen. Weder mit den Konservativen noch mit Labour, sagte Parteichefin Jo Swinson. Sie wolle selbst Premierministerin werden. Durch das britische Mehrheitswahlsystem, das die großen Parteien bevorzugt, wird es kaum Chancen für Swinson geben.